Als wir letztes Jahr im Gasterental unterwegs waren, wäre eigentlich die Balmhornhütte vorgesehen gewesen. Als ich aber vor dem zu bezwingenden Berg stand, traute ich mir dies nicht zu. Ich versprach aber meinem Mann, dass ich irgendwann mit ihm da hochkraxeln würde.
Nun war es also so weit!
Es war ein heisser Tag voraus gesagt worden. Mein Mann hatte sich dementsprechend hochsommerlich gekleidet. Ich wählte die etwas "vorsichtigere" Version. Als wir in Kandersteg Eggeschwand starteten, war es noch schattig und KALT. Ich konnte mir ein schadenfreudiges Grinsen nicht verkneifen. Mein Mann schlotterte vor sich hin und wir machten, dass wir in die "Gänge" kamen.
Während der ersten Stunde, gestaltete sich der Weg gleich, wie bei der Wanderung ein Jahr zuvor http://ruth-pulido.blogspot.ch/2013/07/kanderfirn.html
Als wir die Brücke bei der Chluse erreichten, merkten wir uns den Wasserpegel. Wir wollten schauen, wieviel mehr Wasser die Kander am Ende dieses heissen Tages führen würde. Die Schneeschmelze war in vollem Gange.
Dort wo die Kander braver wird, konnten wir ein Wasseramselpaar beobachten. Es war ob unserem Besuch nicht sehr erfreut, aufgeregt flatterten es um uns herum. Wahrscheinlich befand sich sein Nest ganz in der Nähe. Wir wollten nicht weiter stören.
Das Gasterental empfing uns mit einer herrlichen, üppigen, bunten Frühlingsflora! Fröhlich wanderten wir durch diese herrlichen Naturwiesen. Die Sonne hatte uns nun erreicht und es gab nichts mehr zu Schlottern ;-)
Schon bald erreichten wir die Abzweigung zur Balmhornhütte. Wenn man vor dieser gewaltigen Felswand steht, fragt man sich, WO geht da bloss ein Weg durch?? Aber heute wurde nicht gefragt und nicht gezaudert, DA musste ich jetzt hoch, es gab kein Zurück!
Die Kamera wurde im Rucksack verstaut. Ich wollte mich ganz aufs Wandern konzentrieren. Ein weiser Entscheid! Der Weg führte zuerst durch den Wald, bis man wirklich ganz nah an dieser Wand ist und dann einfach immer aufwärts, in engen, steilen Kehren.
Der Weg war durchgehend schmal, aber in gutem Zustand. Jede schwierige Stelle war mit Ketten oder Seilen gesichert. Das half mir enorm!
Sobald man die Waldgrenze erreicht hatte, konnte man einen wirklich atemberaubenden Ausblick geniessen. Phhuuuu, bloss nicht zu fest da runter schauen, ein falscher Schritt und man würde über die Felswände abstürzen. Lieber nicht! Wir waren beide etwas schwindlig vor Staunen und Ehrfrucht und je höher wir stiegen, auch vor Anstrengung!
Die Sonne heizte uns mächtig ein und der Schweiss floss bei mir in Strömen. Nun war es jemand anderes, der schadenfreudig lachte ;-)
Kehre um Kehre arbeiteten wir uns an diesem Berg hoch. Es ist schier unglaublich, dass man hier einen Weg in den Fels "ertrotzt" hat.
Plötzlich entdeckte mein Mann vor sich auf dem Weg ein Mäuschen. Das arme Ding war anscheinend von jemandem zertreten worden, lebte aber noch und wurde von unzähligen Ameisen geplagt. Es tat uns von Herzen leid und mein Mann erlöste das arme Wesen von seiner Qual. Manchmal sind Freud und Leid wirklich sehr nah beieinander.
Ich musste ganz schön auf die Zähne beissen, um diesen Aufstieg zu meistern. Aber aufgeben war keine Option. Irgendwann überholten wir ein älteres Ehepaar. Auch wenn die Frau ziemlich zu leiden schien, machte sie weiter. Wir bewunderten ihre Leistung, das schafft sicher nicht jeder! Und es war für mich Ansporn, mich nicht so anzustellen... wenn die das schafften, würde ich das ja wohl auch können!
Als eine gewisse Höhe erreicht war, musste man die Felswand auf schmalstem Weg traversieren. Ich hielt mich immer schön rechts...bloss nicht ausrutschen! Nach anderthalb Stunden waren dann die grössten "Schwierigkeiten" gemeistert, der Weg wurde einfach, nur noch leicht steigend, zwei, drei Schneefelder gabs zu überwinden, aber das schaffte ich nun locker.
Nun sah man auch bereits die Balmhornhütte. Wir nahmen uns nun etwas Zeit, die Umgebung genauer zu besichtigen, die Kamera durfte nun auch wieder an die frische Luft! Wow, was für eine Aussicht hier oben! So nah waren wir dem Balmhorn und der Altels noch nie gewesen!
Nach ein paar letzten Wegkehren standen wir plötzlich an einem recht grossen Bach der ordentlich Wasser führte. Brücke? Fehlanzeige! Oje, was hatten sich die Wegbauer bloss dabei gedacht? Wie sollte man da rüber kommen? Das konnte ja heiter werden! Die Kamera verschwand wieder im Rucksack, für die folgenden Kapriolen musste man beide Hände frei haben.
Einmal mehr konnte ich mich wieder mal voll auf meinen Mann verlassen! Er fand einen gangbaren Weg und führte mich Schritt für Schritt über den Bach. Am anderen Ufer sahen wir Holzelemente liegen, die dann wohl mal als Brücke dienen sollten. Wir machten uns schon Gedanken wegen dem Rückweg. Wie gesagt war die Schneeschmelze in vollem Gange, und es war klar, dass der Bach in ein paar Stunden noch deutlich mehr Wasser führen würde!
Ich machte mir auch ein bisschen Sorgen um das ältere Ehepaar. Wie wollten die bloss den Übergang schaffen?!
Nur noch wenige Schritte und wir hatten unser Ziel erreicht! Überaus freundlich wurden wir von der Hüttenwartin empfangen, "Willkommen, Ihr seid die Ersten heute!" und sie wollte uns gleich mit ihrem Tee beglücken :o) Wer mich kennt, weiss, dass ich Tee nicht ausstehen kann, grins...ich verlangte dann diplomatisch etwas anderes ;-)
Wir unterhielten uns sehr nett mit der Hüttenwartin und sie erzählte uns alles, was es über die Hütte zu sagen gab und auf meine Frage hin konnte sie auch sämtliche Berge um uns herum beim Namen benennen!
Bald einmal gesellte sich auch das ältere Ehepaar zu uns und es stellte sich heraus, dass es sich bei ihnen um die erweiterte Hüttencrew handelte! Seit Jahren helfen sie die Hütte zu bewarten! Eigentlich haben sie auf diese Saison aufgehört, aber weil Not am Mann war an diesem Pfingstsamstag sind sie nochmals hochgestiegen, mit dem Essensproviant für die Hütte im Rucksack!!
Chapeau, Chapeau, Chapeau...kann ich da nur sagen!
Der Mann entschuldigte sich dann noch bei uns, weil die Brücke noch nicht montiert war, er würde das am Nachmittag nachholen! DAS beruhigte mich ungemein! :o)
Nach dem auch er noch sein Wissen zum Besten gegeben hatte, verabschiedeten wir uns von den freundlichen Leuten und stiegen noch etwas weiter hinauf. Um die Hütte herum gab es viele Flühblümchen und Enziane zu bestaunen. Ein paar Höhenmeter weiter oben wurde es dann hochalpin und karg. Hier hatte der Frühling noch nicht lange das Sagen.
Wir kraxelten bis auf die Seitenmoräne des Balmgletschers, der sich längst in höhere Lagen verzogen hat. Was für eine gewaltige Landschaft da oben! Ehrfürchtig und euphorisch genossen wir diesen phantastischen Ort! Kein Mensch weit und breit. Nur eine Gämse leistete uns Gesellschaft.
Lange sind wir da oben geblieben. Immer wieder konnten wir Lawinenniedergänge und Steinschläge beobachten, es herrschte eindeutig Tauwetter! Irgendwann mussten wir dann dieses Paradies wieder verlassen. Als wir bei der Hütte ankamen, zogen plötzlich Wolken auf! Wieso das? Es waren doch gar keine Gewitter angesagt???
Der Gedanke, dass uns auf diesem nicht einfachen Weg ein Gewitter erwischen könnte, machte mich ziemlich nervös. Nichts wie weg hier! Bei der ersten Wegbiegung begegneten wir noch einmal der Hüttencrew. Sie hatten nun tatsächlich die Brücke montiert, extra für uns, wie sie schmunzelnd sagten! :o) Wir bedankten uns überschwänglich und zogen über "unsere" Brücke von dannen.
Konzentriert machten wir uns an den Abstieg. Die Anstrengung bestand nun nur noch darin, nicht zu stolpern oder zu rutschen.
Würden wir die schwierigen Passagen schaffen, bevor der Regen sie noch viel schwieriger machen würde???
In den letzten Kehren enteckte mein Mann ein paar Exemplare des gelben Frauenschuhs. Mit schlotternden Knien und zitternden Oberschenkelmuskeln beugte ich mich kurz zu ihnen runter und weiter gings!
Wir schafften es! Für einmal hatte Petrus ein Einsehen und liess uns nicht "im Regen stehen", die Wolken fielen wieder in sich zusammen...holden Dank! Erleichtert liessen wir uns unten im Gasterental auf einer Bank nieder. Wie schön und lieblich es hier unten war!
Das letzte Wegstück war dann ein angenehmes Auslaufen...bei der Chluse-Brücke machten wir noch einmal Halt und schauten lange in die tosende Kander. Der Wasserpegel war deutlich höher als am Morgen.
Was für ein Tag! Ich war zufrieden, mein Versprechen hatte ich eingelöst!
Liebe Ruth, ein grosses Kompliment. Deine fantastischen Impressionen zeigen eine wunderbare Bergwelt. Früher habe ich solche Berg- und Hochgebirgstouren geliebt, leider stellt mein Asthma mir heute andre Anforderung an Wanderrouten. Die Natur und die Berge sind und bleiben meine Heimat...
AntwortenLöschenHerzlichst und alles Liebe, Hans-Peter
Danke Hans-Peter!
LöschenDie Erinnerungen an deine früheren Touren kann dir niemand nehmen!
Danke für den spannenden Text, man ist so fast dabei auf deiner tollen Wanderung! Auch die wunderbaren Bilder geniesse ich gerne.
AntwortenLöschenGruess vom Werner
Was für traumhafte Bilder. Der Aufstieg und das Einlösen der Wette haben sich gelohnt! Danke fürs Teilen. Sieht super aus.
AntwortenLöschenLG
Eva
hallo ruth
AntwortenLöschenschöner blog hast du :-)
gratuliere zur blamhornhütte und den schönen fotos! finde es eine der schönsten hütten der schweiz!
@alle: Danke für Euer positives Feedback! :-)
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